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 Interview mit Julia Kriegl vom Technikcenter Rosel zum Thema Lehre in Birkfeld

Annas Garage: Frau Kriegl, bitte sagen Sie uns, was Rosel macht und welche Funktion Sie im Unternehmen haben.

Julia Kriegl: Das Technikcenter Rosel ist ein Elektrofachhandelsbetrieb mit angeschlossener Elektroinstallationsabteilung. Wir bieten darüber hinaus auch noch Küchenplanungen an und haben ein Ofenstudio, wo wir Öfen und Tischherde präsentieren. Ich selbst bin seit 2019 im Unternehmen, zuständig für Marketing, Buchhaltung, Personal, mache alles, was rundherum anfällt und bin auch zuständig für Projekte und Lehrlinge.

Annas Garage: Was ist das Besondere am Unternehmen Rosel?

Julia Kriegl: Wir sind ein regionaler Anbieter, den es seit über 70 Jahren gibt. Die Firma hat sich von einem klassischen Installationsunternehmen zu einem großen Handelsunternehmen entwickelt, aber die Familienbezogenheit – es arbeiten nach wie vor 6 Familienmitglieder in der Firma mit – ist nach wie vor wichtig. Auch die große Auswahl macht uns über die Ortsgrenzen hinaus bekannt.

Annas Garage: Vor welchen großen Herausforderungen stehen Sie aktuell?

Julia Kriegl: Momentan sicher beim Thema Personal. Gutes Personal zu finden ist – wie in allen Branchen – sehr schwierig. Da gibt es große Spannungen, weil einfach die großen Industriezweige in den großen Regionen viele Fachkräfte abziehen. Da musst du als Arbeitgeber noch attraktiver werden.

Annas Garage: Was macht Sie denn attraktiv als Arbeitgeber?

Julia Kriegl: Wir sind sehr flexibel in vielerlei Hinsicht, was u.a. die Arbeitszeiten innerhalb unserer Öffnungszeiten betrifft, wir bieten gute fachliche Weiterbildungsmöglichkeiten in den einzelnen Arbeitsbereichen an, aber auch darüber hinaus möchten wir in Zukunft mehr im Bereich  Persönlichkeitsentwicklung anbieten.

Annas Garage: Kommen wir zum Thema Lehrlinge: Wie viele Lehrlinge beschäftigen Sie?

Julia Kriegl: Derzeit haben wir zwei Lehrlinge, wir suchen aber auch wieder zwei neue.

Annas Garage: Wie stellt sich für Sie die Situation mit den Lehrlingen dar? Von der Suche über die Ausbildung bis zur Arbeit mit Lehrlingen?

Julia Kriegl: In einer Region wie Birkfeld ist es natürlich sehr davon abhängig, wie viele Schüler:innen sich in den Polytechnischen Lehrgängen befinden, welche Ausbildungsschwerpunkte die Schüler:innen dort wählen. Wir haben sehr gute Beziehungen und versuchen im ständigen Kontakt mit den Schulen zu bleiben. Damit die Schüler:innen, wenn es so weit ist, einen Lehrplatz zu suchen, an Rosel denken, mit den Möglichkeiten, die ihnen da geboten werden.

Annas Garage: Sie sprechen da primär von der Polytechnischen Schule Birkfeld …

Julia Kriegl: Genau – und von der Mittelschule Birkfeld. Die umliegenden Schulen, vielleicht MS Strallegg noch, die MS Ratten, das ist so unser Einzugsgebiet. Wo wir auch wissen, dass die Lehrlinge dann tatsächlich zu uns kommen.

Annas Garage: Was ist Ihnen bei zukünftigen Lehrlingen wichtig? Worauf schauen Sie da besonders?

Julia Kriegl: Uns ist selbstständiges Auftreten wichtig. Das heißt, die Lehrlinge sollten sich, wenn möglich, selbst bei uns melden. Oft beteiligen sich ja die Eltern sehr stark. Wir müssen den Eindruck bekommen, der oder diejenige möchte das wirklich selbst machen. Natürlich können die Eltern unterstützend dabei sein, aber bei der ersten Kontaktaufnahme ist es uns wichtig zu merken, da will jemand wirklich. Dass ich sehen kann, da interessiert sich jemand für uns und für diese Lehrmöglichkeit und diese Ausbildungsform. Dass sie vielleicht auch schon wissen, bei Rosel gibt es die Doppellehre. Man kann nämlich bei Rosel die Lehre nur für den Einzelhandel machen, nur für Haus- und Gebäudetechnik, man kann das aber auch kombinieren. Im Bereich des Einzelhandels gibt es auch die Möglichkeit der Doppellehre mit Büro und Verkauf. Gut ist, wenn die Lehrlinge selbst anrufen und sich erkundigen: Gibt es eine Lehrstelle? Kann ich mich bewerben? Kann ich vorbeikommen? Damit man sieht – und das ist gerade im Verkauf eine notwendige Fähigkeit – dass man sich traut, auf Leute zuzugehen.

Annas Garage: Man hört immer, dass es so schwierig sei, Lehrlinge zu finden. Trifft das auf Ihr Unternehmen, auf die Region insgesamt auch zu?

Julia Kriegl: Natürlich. Es betrifft die ganze Region, es sind einfach weniger Jugendliche da. Es kämpfen ja auch die Schulen um die Schüler:innenzahlen und das trifft uns dann in weiterer Folge auch. Im technischen Bereich ist es noch schwieriger, weil viele verschiedene Technikbetriebe im Umkreis sind. Das war schon anders und wir hoffen, dass sich der Trend umkehrt.

Annas Garage: Was ist denn attraktiver im Moment?

Julia Kriegl: Sehr stark Mechaniker, ungebrochen stark, und natürlich ziehen auch die großen Betriebe, nach Weiz oder ins Mürztal.

Annas Garage: Fehlt jungen Menschen aus Ihrer Erfahrung tatsächlich die Motivation? Stimmt es , dass sie keine Lust haben, zu arbeiten?

Julia Kriegl: Ich sehe die Generation, die jetzt eine Lehre beginnt, durchwegs positiv. Ich kann nicht sagen, dass diese schnelle Zuschreibung, die Sie ansprechen, stimmt. Ich muss ganz ehrlich sagen, Ich kann diese Generation gut verstehen. Sie hinterfragen mehr, und das müssen sie auch, allein wenn ich daran denke, wie viele Lehrberufe es heute gibt. Sie haben unendlich viel Möglichkeiten, und da eine Entscheidung zu treffen ist sehr, sehr schwierig. Dazu kommt, dass in Zeiten, wo es so viele Angebote gibt und gleichzeitig einen Arbeitskräftemangel, die Jugendlichen bombardiert werden mit Dingen, die den Lehrberuf vordergründig attraktiver machen sollen, wo es dann aber an der Tätigkeit selbst scheitert. Ich denke da an extreme Goodies, an Versprechungen von Firmen, damit Lehrlinge kommen. Was bringt das, wenn der Jugendliche dann einen Lehrberuf hat, der ihm/ihr keinen Spaß macht, wenn das Goodie-Paket passt, der Rest aber nicht. Man muss die Jugendlichen halt an der Hand nehmen, führen, das hat sich in den letzten Jahren nicht wirklich verändert. Eine fixe Bezugsperson ist extrem wichtig, die die Richtung vorgibt, wohin die Reise gehen soll, damit sie Orientierung haben. Im Berufsleben ist die Welt dann wieder anders als zu Hause, umso wichtiger ist, dass sie im Betrieb eine Person haben, die Orientierung gibt.

Annas Garage: Wie versuchen Sie als Unternehmen, Ihre Lehrlinge zu finden?

Julia Kriegl: Zum Beispiel mit Projekten wie Annas Garage oder der langen Nacht der Karriere. Wir sind in engem Kontakt mit den Schulen, nehmen an Veranstaltungen teil, die die Schulen organisieren, laden regelmäßig zu Betriebsbesichtigungen ein, und wir versuchen auch aktiv auf einzelne Personen zuzugehen und in Kontakt zu bleiben. Wir bieten Schnuppermöglichkeiten an von der Mittelschule weg, um einen guten Einblick zu geben, wie sich die Lehre dann gestaltet.

Annas Garage: Was glauben Sie, dass Jugendlichen, 14-15Jährigen wichtig ist?

Julia Kriegl: In  Bezug auf den Lehrplatz ist sicher das Persönliche das wichtigste – ob man sich an der Lehrstelle zurechtfindet, ob man das Gefühl hat, in dieses Team passe ich gut hinein, da fühle ich mich wohl, da habe ich meinen fixen Ansprechpartner. Ich glaube, dass die persönliche Ebene wesentlich wichtiger ist als alles andere.

Annas Garage: Wohin wird sich denn die Lehre entwickeln? Durchaus auch im regionalen Kontext?

Julia Kriegl: Das ist schwer zu sagen. Ich fürchte, dass sich die Fachkräftesituation nicht verbessern wird, weil die Schüler:innenzahlen und generell die Geburtenrate zurückgehen und gerade jetzt geburtenschwächere Jahrgänge in den Arbeitsmarkt nachrücken. Und wie es sich regional entwickelt, ist sowieso die Frage, weil Birkfeld und die ganze Region sehr stark von der Industrie, die es in den größeren umliegenden Gebieten gibt, unter Druck gesetzt wird. Das betrifft im Prinzip alle Branchen. Da müssen wir Angebote schaffen, von der Arbeitsplatzgestaltung und von den Möglichkeiten her, um attraktiv genug zu werden, damit die Jugendlichen sagen: Ok, ich bleibe im Ort.

Annas Garage: Sie sehen also einen Konkurrenzkampf um die Arbeitskräfte

Julia Kriegl: Wir hatten letztes Jahr eine Arbeitslosenquote von unter 3% im Bezirk, das ist sehr niedrig und dementsprechend muss man andere Wege gehen, damit man zu Leuten kommt, die gerne arbeiten wollen oder die Lust auf Veränderung haben.

Annas Garage: Danke für das Gespräch!