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Interview mit Griseldis Schwarzenegger (Direktorin der PTS Birkfeld) und Michael Krenn-Gugl (Direktor des BORG Birkfeld)

Annas Garage: Die PTS Birkfeld und das BORG Birkfeld haben mit mehreren Teams an Annas Garage Challenge in Pöllau teilgenommen. Ein Ziel der Challenge war, dass sich Unternehmen und Schüler:innen intensiv kennenlernen können. Ich nehme an, dass eine PTS einerseits und ein BORG andererseits unterschiedlich intensiv mit Unternehmen kooperieren. Die PTS muss ja naturgemäß in engem Kontakt mit Unternehmen stehen. Herr Direktor Krenn-Gugl, kooperieren Sie als BORG auch mit Unternehmen?

Krenn-Gugl: Wir haben immer wieder Kooperationen mit Unternehmen im Rahmen von Projekten. Das ist unter anderem das Projekt „Faszination Technik – Technik in den Betrieben der Region, wo Kontakt zu Unternehmen aus der Region aufgenommen wird, diese sich einer Schüler:innengruppe im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts vorstellen. Anschließend kommt es zu einer Betriebsbesichtigung, wo die Schüler:innen Führung durch den Betrieb bekommen und auch einen Einblick in die Arbeit und die Produktion vor Ort erhalten. Nach einer gewissen Vorbereitungszeit, präsentieren die Schüler:innen in der Wirtschaftskammer bei der Faszination Technik-Challenge ihre Erkenntnisse, die sie über den Betrieb erfahren haben. Das BORG Birkfeld hat in den letzten Jahren immer wieder an dieser Challenge teilgenommen. Eine schon langjährige Zusammenarbeit besteht zwischen der Firma Rosel und unserer Schule, da die Schüler:innen im Rahmen des Wahlpflichtfaches Medien und Journalismus regelmäßig Artikel für den Regionalzeitung „Nordoststeirischer Heimatblick“ schreiben.

Annas Garage: Die PTS hat, wie ich vermute, primär Kontakt zu den regionalen Unternehmen. Gehen die Kontakte auch darüber hinaus?

Schwarzenegger: Wir sind eng vernetzt mit allen Unternehmen im Einzugsgebiet unserer Schüler:innen. Das erstreckt sich von Weiz bis Vorau, umfasst das ganze obere Feistritztal bis ins Mürztal hinauf, damit wir die Schüler:innen entsprechend gut in den dort ansässigen Unternehmen unterbringen können.

Annas Garage: Was ist Ihnen wichtig in der Kooperation mit Unternehmen?

Schwarzenegger: Zum einen ist uns der Austausch wichtig, um aktuell zu bleiben, damit auch die Ausbildung in der Schule am Puls der Zeit ist. Zum anderen bekommen wir ein Gefühl dafür, wo der eine Schüler, die andere Schülerin hinpasst. Man kann dann auch am kurzen Weg anrufen und fragen, ob ein/e bestimmte/r Schüler:in schnuppern kommen darf. Gleichzeitig ist es für die Unternehmen auch ein angenehmes Miteinander, wenn wir ihnen gute Lehrlinge vermitteln, oder wertvolle Mitarbeiter:innen, die aus der Region kommen. Wenn ich dort lernen kann, wo ich zu Hause bin, ist es für die Region insgesamt sehr positiv.

Annas Garage: Das bedeutet, Sie kennen die Unternehmen sehr gut und Sie kennen auch die Schüler:innen sehr gut, und das ermöglicht Ihnen ein optimales Matching von Schüler:innen und Unternehmen …

Schwarzenegger: Die Schüler:innen verbringen ein Jahr in der PTS. Daher ist das Zusammenleben in dieser Zeit ein kurzes, aber  sehr intensives. Wir bemühen uns, die Schüler:innen bestmöglich kennenzulernen.

Annas Garage: Herr Direktor Krenn-Gugl, was passiert denn eigentlich im BORG zum Thema Berufsorientierung?

Krenn-Gugl: Wir veranstalten alle 2 Jahre für die 7. und 8. Klassen eine Berufs- und Orientierungsmesse in der Schule, wo die Schüler:innen das breite Angebot der Ausbildungsmöglichkeiten nach dem Abschluss der Reifeprüfung kennenlernen, Universitäten, Fachhochschulen und Kollegs stellen ihr Angebot vor, aber auch eine Lehre nach der Matura ist ein Thema.

Annas Garage: Reden wir über die Jugendlichen in der Region: Was brauchen sie? Was fehlt ihnen?

Schwarzenegger: Was sicher fehlt, in diesen kleineren regionalen Strukturen, ist ein Ort, der immer offen ist, der immer da ist. Es gibt ein Jugendzentrum, aber das hat nur an 2 Tagen – Freitag, Samstag – geöffnet. Weil es anders nicht möglich ist, weil es dann doch zu wenige sind. Das heißt, dass die Jugendlichen keinen Anlaufpunkt haben, wo sie etwas zu tun haben, wo sie sich verwirklichen können, wo sie einen Sinn sehen an einer Tätigkeit, ohne dass es nur um Spaß geht. Sie treffen sich an anderen Plätzen, wo man ihnen aber nichts anbieten kann. Und dann wird ihnen langweilig.

Krenn-Gugl: Ein Problem ist die Mobilität. Sie haben kaum öffentliche Verkehrsmittel zu gewissen Zeiten, die sie nutzen können. Zur Schule und von der Schule nach Hause, das funktioniert, aber in der Freizeit gibt es außer dem Moped kaum Möglichkeiten. In der Region gibt es schon Vieles. Das Problem ist, dass die Jugendlichen dort nicht gut hinkommen, und mehr als Moped Distanzen, 20 km,  sind dann schnell erreicht. Die Regionalentwicklung kennt das Problem und hat auch schon Initiativen gestartet.

Schwarzenegger: Und vor allem, es sind ja die Leute dann nicht dort. Es wäre ja wünschenswert, wenn ich irgendwo hin gehe, dass immer jemand, ein anderer Jugendlicher da ist. Aber tatsächlich muss es immer geplant werden, andere Jugendliche sind nicht automatisch da. Ein solcher Anlaufpunkt fehlt.

Annas Garage: Aber Vereine wird es vermutlich geben …

Krenn-Gugl: Ja, die gibt es und diese versuchen diesen Mangel auch zu kompensieren.

Schwarzenegger: Ja, die laufen auch sehr gut und die jungen Leute werden in diesen Vereinen auch sehr gut ausgebildet.

Annas Garage: Ist die Region hier, Birkfeld, Pöllau, eine attraktive Region für junge Menschen? Wenn man alles zusammendenkt, die Freizeitangebote, Ausbildungsmöglichkeiten, Arbeitsmöglichkeiten …

Schwarzenegger: Was die Lehre angeht, sind die Ausbildungsmöglichkeiten sehr gut, was die schulische Ausbildung angeht auch. Wir sind hier – auch durch den Bildungscampus – am Aufsteigen. Auch wenn ich eine höhere Bildung anstrebe, ich kann immer zurückkommen und mich nach dem Studium in der Region verwirklichen.

Krenn-Gugl: Ich glaube, es ist in Birkfeld selbst nicht so ein Problem. Das größere Problem haben möglicherweise kleine Gemeinden. Zumindest was die schulischen Angebote betrifft. Andererseits ist es normal, dass junge Menschen auch weggehen, um sich weiterzuentwickeln. Bei einer Veranstaltung im BORG hat der Bürgermeister betont, wie wichtig es ist, dass junge Menschen in die Welt hinausgehen, vieles ausprobieren, Ausbildungen machen, aber dass sie danach auch wieder zurückkommen sollen. Die Region braucht qualifizierte Arbeitskräfte, das ist uns allen bewusst.

Schwarzenegger: Uns in der PTS ist es wichtig, dass Schüler:innen dort ausgebildet werden können, wo sie zu Hause sind. Das verstehen wir auch als Beitrag, dass die Region am Leben erhalten wird.

Annas Garage: Die Regionalentwicklung Oststeiermark hat 2022 eine Jugendstudie präsentiert. Unter anderem wurden junge Menschen gefragt, wie zufrieden sie mit den Angeboten und Möglichkeiten der Region sind und welche Faktoren für sie wichtig sind. Am wichtigsten ist für die Jugendlichen demnach, dass die Region eine schöne Landschaft hat, gutes Internet zuhause und Freizeitmöglichkeiten.

Krenn-Gugl: 2022 deutet darauf hin, dass die Studie in der Pandemie durchgeführt wurde, wo auch die jungen Menschen zunehmend draufgekommen sind, wie wichtig es ist, einen Garten zu haben, dass man nicht eingesperrt ist, wie möglicherweise in der Stadt.

Schwarzenegger: In dieser Zeit haben sich die Wertigkeiten verschoben. Es wurde den Schüler:innen bewusst, dass sie hier viele Möglichkeiten haben. Sie haben Fotos gepostet, vom Schneeschieben und vom Spaziergang im Wald. Das heißt, es ist ihnen bewusst geworden, wie schön das Leben in der Region ist, dass sie sich entfalten können. Wir haben aber auch herausgefunden, in welchen Regionen bei uns ein gut ausgebautes Internet fehlt. Man hat manche Schüler:innen sehr wenig im Home-Schooling gesehen. Die waren natürlich frustriert, weil sie durch die schlechte Internetanbindung nicht mitmachen konnten.

Krenn-Gugl: Den Gemeinden wurde bewusst, wie wichtig der Glasfaserausbau ist, denn wenn man junge Menschen in der Region halten will, braucht man schnelles Internet. Das trifft auch für Firmen zu.

Annas Garage: Ein Arbeitsschwerpunkt von Annas Garage ist auch das Thema Gleichstellung. Wie schätzen Sie denn den Stand der Gleichstellung zwischen Burschen und Mädchen in der Region ein?

Krenn Gugl: Burschen und Mädchen sind bei uns vollkommen gleichgestellt. Zumindest in der Schule. Was die Region betrifft, kann ich es nicht beurteilen. Grundsätzlich interessieren sich die Mädchen zunehmend für technische Berufe, auch wenn die Burschen da schon noch dominieren. Ich glaube, da wir viele Betriebe in der Region haben, dass die Burschen den Betrieb zu Hause übernehmen wollen und daher eine technische Richtung einschlagen.

Schwarzenegger: Das Thema Gender wirkt ja auch in die andere Richtung. Ich habe mit dem Selbstbewusstsein der Mädchen kein Problem, eher mit dem der Burschen. In den Jahren, die ich an der PTS hier verbracht habe, hat sich noch kein Bursch getraut, Friseur zu lernen. In diese Richtung wird gar nichts getan. Wir pushen die Mädchen, und die Burschen müssen noch immer Zimmerer, Maurer und Elektriker werden. Für die Mädchen ist es gar kein Thema, Elektrikerin zu werden. Wenn sie Lust darauf haben oder Lust haben, Malerin zu werden, machen sie das. Aber für die Buben … Koch ist ok. Die Buben haben sehr große Angst, in bestimmte Schienen gepresst zu werden, wenn sie Friseur werden wollen.

Annas Garage: Herzlichen Dank für das Interview.