Beschäftigung als Herausforderung für Städte
Die Arbeitswelt steht vor großen Herausforderungen, Veränderungen durch Globalisierung, Digitalisierung, die Klimakrise und den demographischen Wandel verlangen eine verantwortungsvolle Beschäftigungspolitik, die das Ziel verfolgt, allen Menschen Chancen auf Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben zu ermöglichen. Graz verzeichnete in den letzten 20 Jahren ein hohes Bevölkerungswachstum, wodurch auch die Anzahl der Menschen, die auf Arbeitssuche sind, gestiegen ist. Städte stehen außerdem vermehrt vor sozialen Fragen, wie z.B. der Integration von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt.
Verschärfung am Arbeitsmarkt durch Corona
Die Corona-Krise stellt insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene vor große Herausforderungen und die schwierige Arbeitsmarktsituation trifft viele am Übergang von der Schule ins Berufsleben hart. Arbeit zählt zu den von der Krise am massivsten getroffenen Bereichen, die damit einhergehenden Unsicherheiten, der Verlust beruflicher Perspektiven, Praktikumsmöglichkeiten oder der aktuellen Beschäftigung sowie fehlende soziale Kontakte in Schule, Ausbildung, Beruf und Freizeit bedeuten deutliche Einschnitte für junge Menschen. Die Altersgruppe der unter 25-Jährigen war zu Beginn der Pandemie prozentuell am stärksten vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen. Junge Arbeitskräfte sind einerseits vermehrt in besonders herausgeforderten Branchen beschäftigt, andererseits ist ihr Risiko entlassen zu werden aufgrund der kurzen Betriebszugehörigkeit oder geringfügigen und befristeten Dienstverhältnissen höher. Viele Jugendliche fanden keine für sie passende Lehrstelle und auch weniger offene Lehrstellen standen zur Verfügung. Insgesamt zeigt sich eine höhere soziale Selektivität, zuungunsten benachteiligter junger Menschen und es wird erwartet, dass sich der Anteil an Jugendlichen, die weder eine Schule besuchen noch in beruflicher Ausbildung oder Beschäftigung stehen, durch die Krise erhöhen wird. Personen mit geringer formaler Bildung sind dabei besonders gefährdet – 45% der arbeitslosen jungen Menschen haben keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Abschluss. Eine frühe Investition in diese Jugendlichen durch verschiedene Angebote bringt einen langfristigen positiven Nutzen am Arbeitsmarkt. Wirtschaft, Ausbildungsstätten und Gesellschaft sind auf der anderen Seite gefordert, individuelle Potenziale zu berücksichtigen und zu fördern.
Arbeitsmarktintegration für vulnerable Gruppen
Seit Jahren verfügt die Stadt Graz im Rahmen der freiwilligen Leistungen über ein vielfältiges Angebot an lokalen Aktivitäten, die sich an vulnerablen Gruppen, u.a. Jugendliche, orientieren. Das Angebot reicht dabei von geförderten Lehrstellen, Arbeitsplätzen, niederschwelligen Beschäftigungsmöglichkeiten, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, Beratung, Coaching und sozialpädagogischer Begleitung bis hin zu Übersetzungsleistungen und der Unterstützung bei Amtswegen. Das Referat Arbeit und Beschäftigung im Sozialamt der Stadt Graz trägt mit seinen Aktivitäten dazu bei, die Integrationschancen für am Arbeitsmarkt benachteiligte und ausgrenzungsgefährdete Menschen in Graz zu erhöhen und deren Jobeinstieg zu erleichtern. Die Förderung und das Monitoring von Projekten und die Umsetzung von Initiativen, wie die Qualifizierungsförderung „Grazer Fonds für Aufstieg und Entwicklung“ für armutsgefährdete Beschäftigte, ist nur ein Aufgabenbereich. Als strategische Stelle übernimmt das Referat die Vernetzung für in diesem Bereich tätige Organisationen und Institutionen und fungiert als Vertretung der Stadt Graz in verschiedenen Gremien sowie nationalen und europäischen Netzwerken. Die Abstimmung mit KooperationspartnerInnen, Recherchen und die Beauftragung von Studien sind für die professionelle Planung notwendiger beschäftigungspolitischer Maßnahmen wesentlich.
„Dialog Beschäftigung“
Dafür und für die Entwicklung einer gemeinsamen kommunalen Arbeitsmarktpolitik in Graz wurde 2017 der „Dialog Beschäftigung“ gegründet, um gemeinsam mit den Sozialpartnern und dem AMS aktuelle Problemstellungen zu identifizieren und sich miteinander abzustimmen. Die Arbeitsgruppe diskutiert beschäftigungspolitische Themen der Landeshauptstadt, Jugendarbeitslosigkeit und Maßnahmen zur Förderung von Jugendbeschäftigung in Graz sind dabei ein konstantes Thema. Ein früheres Ansetzen von Orientierungsangeboten und Praktikumsmöglichkeiten, die Einbindung unterschiedlicher AkteurInnen und die Bündelung von Aktivitäten sind wesentlich. Derzeit sind alle Angebote wichtig, die junge Menschen bei der Berufs- und Ausbildungswahl unterstützen, einen (Aus-)Bildungsabschluss ermöglichen bzw. eine Beschäftigung und damit Zukunftsaussichten eröffnen. Aus diesem Grund ist es essenziell, Lehr- und Ausbildungsplätze sowie Plätze über die Überbetriebliche Lehrausbildung speziell für Jugendliche, die sich schwerer tun eine Lehrstelle zu finden, zur Verfügung zu stellen.
Ein Gesamtkonzept und koordiniertes Vorgehen sind bei der Betrachtung von Maßnahmen sehr wichtig. Projekte wie Annas Garage halten wir für sinnvoll, da verschiedene AkteurInnen miteinbezogen und lokale Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Orientierung für Jugendliche
Junge Menschen brauchen Zukunftsperspektiven und Chancen sich auszuprobieren. Angebote der Bildungs- und Berufsorientierung sind sehr wichtig, da es eine große Vielfalt an Berufen und Ausbildungen gibt, auch die Lehre hat sich stark weiterentwickelt und wieder an Bedeutung gewonnen. Junge Menschen benötigen außerdem mehr Informationen in Bezug auf den Arbeitsmarkt, dazu gehören auch bestehende Risiken, etwa welche weitreichenden Folgen Erwerbsarbeitslosigkeit auf Lebensqualität und Identität(sbildung) hat. Diskontinuierliche Berufsverläufe stellen heute keine Ausnahme mehr dar, lebenslanges Lernen ist dabei zentral. Es wird eventuell notwendig sein, sich mehrere Perspektiven offen zu halten und sich im Laufe des Erwachsenenlebens beruflich neu zu orientieren. Wichtig ist auch, die Veränderlichkeit von Wünschen und Lebenssituationen mit jungen Menschen zu reflektieren sowie Unterstützung bei der Entwicklung realistischer Perspektiven und beim Finden beruflicher Nischen anzubieten. Ein Mehr an Information braucht es ebenso bei den Themen Gesundheit und Prävention. Zudem benötigen vor allem ausgrenzungsgefährdete Jugendliche deutlich mehr Unterstützung.
Hohe Erwartungen an die Kompetenzen von Jugendlichen
Neben wichtigen Grundkompetenzen und klassischen Arbeitstugenden, wie z.B. Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit oder Interesse sowie fachlichen Qualifikationen, wird es immer wichtiger, sich auf etwas Neues einlassen zu können und flexibel zu bleiben. Darüber hinaus braucht es die Fähigkeit mit Unsicherheiten in einer sich dynamisch verändernden Welt umzugehen, aber auch Eigeninitiative und eine gute Selbstorganisation. Soft Skills, wie Kommunikationsstärke, Empathie, interkulturelle Kompetenzen, die Fähigkeit zu reflektieren und mit Konflikten umzugehen, gewinnen neben digitalen Kompetenzen zunehmend an Bedeutung. Junge Menschen stehen auch unter einem großen Erfolgsdruck, für benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene ist es noch schwieriger, diese hohen Erwartungen zu erfüllen.
Angebote der Stadt Graz in der Altersgruppe 15 bis 20
In der Stadt Graz gibt es dazu Angebote in mehreren Abteilungen. Das Sozialamt der Stadt Graz bietet seit vielen Jahren Unterstützungsangebote für Jugendliche bis 19 Jahre und junge Erwachsene bis 25 Jahre. Das Referat Arbeit und Beschäftigung im Sozialamt engagiert sich z.B. in der Schaffung von Ausbildungsplätzen. Die Lehrlingsoffensive „GRAZ BILDET AUS“ wird seit 2014 in enger Kooperation mit AMS und bfi Steiermark umgesetzt und vom Referat koordiniert. In den Jahren seit ihrer Gründung wurden kontinuierlich zusätzliche Ausbildungsplätze im Haus Graz geschaffen – die Anzahl an Lehrlingen in den Betrieben und Ämtern der Stadt hat sich seit dem Beginn der Offensive 2014 mehr als verdoppelt. Dadurch wird insbesondere Jugendlichen, die bisher geringe Chancen am Arbeitsmarkt hatten, eine qualitätsvolle Lehrausbildung ermöglicht. Die Stadt bildet in ihren Betrieben und Abteilungen aktuell in 32 verschiedenen Lehrberufen aus.
Zusätzlich unterstützt der Bereich seit Jahren die Förderung von Beratungsangeboten, sowie von arbeitsmarktrelevanten Initiativen bzw. niederschwelligen Beschäftigungs- und Ausbildungsangeboten in verschiedenen Bereichen. Zusätzlich zu bereits etablierten Projekten werden auch immer wieder neue Vorhaben unterstützt. Das Thema Bildungs- und Berufsorientierung ist in der Stadt Graz vornehmlich in der Abteilung Bildung und Integration angesiedelt, wo verschiedene Beratungsformate umgesetzt werden.
- Bettina Absenger: Foto Fischer
- Lisa Weiler: Lisa Weiler