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Interview mit Christoph Stark, Bürgermeister der Stadt Gleisdorf, Abgeordneter zum Nationalrat und Sprecher der 15 steirischen Leader-Regionen

Annas Garage: Wie schätzen Sie die Entwicklung der Stadt Gleisdorf in den nächsten Jahren ein?

Christoph Stark: Wir haben alle ein paar Kernaufgaben zu erledigen. Das beginnt bei der Frage der Mobilität, geht über Klimaschutz, Klimaanpassung, Klimawandel bis hin zu den Themen Pflege und Digitalisierung. Das ist der große Bogen, der sich über die kommenden Jahre spannt und darunter tummeln sich kleinere Projekte und Themen, die zum kommunalen Wesen dazugehören und womit wir alle zu tun haben. Die großen Herausforderungen sehe ich schon am Mobilitätssektor – wie können wir Mobilität so verändern, dass wir einerseits den Anforderungen von Wirtschaft und Kund*innen gerecht werden, und andererseits wie kann man Mobilität so verändern, dass wir auch zum Thema Klimaschutz einen Beitrag leisten. Da sind alle Gemeinden gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Beim Thema Pflege sind wir in einem Gesamtkonzert von mehreren Playern, das beginnt beim Bund und endet bei den Gemeinden und den Sozialhilfeverbänden. Aufgrund der demografischen Entwicklung und dem Wissen über die Pflegekosten müssen wir die Pflege anders organisieren, in Richtung Pflege zu Hause. Das bedeutet auch, dass man pflegende Angehörige anders behandelt, anders dotiert, entlohnt und absichert.

Die Digitalisierung hat mehrere Aspekte, in Richtung Arbeitsmarkt, in Richtung Kultur, etc. Aktuell sehen wir, welchen Stellenwert die Digitalisierung bekommen hat. Da sind die Gemeinden in Zusammenarbeit mit Bund und Land gefordert, diese Grundinfrastruktur zu sichern, vor allem in jenen Gebieten, wo große Player nicht hinschauen.

Vor 110 Jahren haben sich meine Vorfahren hier im Haus durchgerungen, den Strom an der Feistritz zu produzieren und eine Stromleitung nach Gleisdorf zu legen. Das war damals eine Volksabstimmung. Das Ergebnis war: Ja Strom ist ok, aber wir brauchen ihn nicht jeden Tag. Jetzt geht es um die Infrastruktur für die Digitalisierung, die mit gewaltigen Vorleistungen verbunden ist.

 

Annas Garage: Sie haben Mobilität, Klima, Pflege und Digitalisierung als zukünftige Kernaufgaben genannt. Was kann die Regionalpolitik tun, um Jugendliche dafür zu begeistern, an der Lösung dieser Aufgaben mitzuarbeiten?

Christoph Stark: Die Politik – und nicht nur die Regionalpolitik – sollte eine große Motivation haben, junge Menschen für diese Aufgabenbewältigung zu begeistern, da dies allesamt Themen sind, die unsere Zukunft beherrschen und nachhaltig beeinflussen! Demnach ist es mehr denn je an der Zeit, junge Menschen in die (erweiterte) Politik zu holen und ihnen Möglichkeiten zu geben, ihr Umfeld, ihren Lebensraum und ihre Zukunft mitzugestalten. Ich weiß, dass das leicht gesagt und schwer umzusetzen ist. Aber es sollte auf der Agenda jeden Tages stehen! Der Gleisdorfer „Plan|G“ als überparteiliches Jugendforum mit einem eigenen Aktionsbudget ist ein fantastisches Beispiel dafür, dass junge MitbürgerInnen für diese Verantwortung ansprechbar sind.

Annas Garage: Welche Schwerpunkte setzen Sie in ihrer Arbeit im Bereich Jugend?

Christoph Stark: Wir haben seit vielen Jahren eine gute Kooperation mit ISOP und mit LOGO, zwei Anbietern in der Jugendarbeit, das sind professionelle Anbieter, mit ihnen gemeinsam haben wir noch vor Corona einen 10-Jahresplan entwickelt. In den letzten 20 Jahren haben wir gesehen, wie oft sich das Bild der Jugendarbeit verändert hat, infolge von gesellschaftlichen Entwicklkungen, Modeströmungen, etc. Daher müssen wir – auch in einem 10.Jahresplan flexibel bleiben und das Angebot immer wieder nachschärfen.

Annas Garage: Gerade im Kontext der Corona-Pandemie fühlen sich Jugendliche offenbar nicht ausreichend gehört, nicht ausreichend wahrgenommen.

Christoph Stark: Die Jugendlichen fühlen sich ihrer schönsten Zeit beraubt, das ist verständlich. Gleichzeitig geht es auch darum, Leben zu retten, Arbeitsplätze zu retten. Natürlich auch in Bezug auf die Jugend: Hinschauen. Ich denke aber schon, dass – sobald öffentlich wieder mehr möglich ist, wenn die Schule wieder im Vollbetrieb ist und da soziale Interaktionen stattfinden können – die Welt auch für die Jugend wieder anders aussehen wird. Die Notwendigkeit für ein gesondertes Jugendprogramm aufgrund von Corona sehe ich in der Kommunalpolitik nicht.

Annas Garage: Die Digitalisierung verändert die Berufsbilder und auch die Art und Weise, wie sich Jugendliche auf die Arbeitswelt vorbereiten müssen/können. Welche Art der Unterstützung brauchen Jugendliche zukünftig vermehrt?

Christoph Stark: Die Polytechnischen Schulen werden sicherlich gefordert sein, einen Konnex zur Wirtschaft herzustellen und die Wirtschaft wird sich anstrengen müssen, die Jugendlichen zu begeistern. Im Gymnasium gibt es sicher Jugendliche, die in einem technischen oder handwerklichen Beruf größere Erfüllung fänden als in der Schule. Diese Jugendlichen ein brauchbares Angebot zu machen und sie anzusprechen sehe ich als Herausforderung an. Wir brauchen mehr Jugendliche am Arbeitsmarkt, die Jugendarbeitslosigkeit ist in unserer Region Gottseidank sehr gering und es wäre ein Gewinn, wenn man mehr Jugendliche für eine Berufsausbildung begeistern könnte. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir auch Jugendliche haben, die sich am Arbeitsmarkt trotzdem schwertun, die schlechtere Voraussetzungen haben, auch vom Elternhaus her. Eine gute Kooperation zwischen Schule, Wirtschaft und Politik ist ein wesentlicher Teil der Unterstützung in diesem Bereich.

Annas Garage: Was sollte Annas Garage für die Region leisten können?

Stark: Mehr junge Menschen, mehr junge Frauen zu finden, die sich für Berufsausbildungen begeistern lassen, sowohl aus dem Bereich der AHS, aber auch aus bildungsferneren Schichten, und so vorhandenes Potenzial möglichst zu nutzen.

 

Copyright: Tina Szabo

Christoph Stark, Bürgermeister der Stadt Gleisdorf, Abgeordneter zum Nationalrat und Sprecher der 15 steirischen Leader-Regionen

  • Christoph Stark: Tina Szabo
  • Beitragsbild: H.Rabel

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